
Reisebericht aus der ADAC Motorwelt April 2008
Luxemburg und die angrenzende Eifel bieten Motorradfahrern grenzenlosen Kurvenspaß und noch viel mehr Abwechslung.
Welches Land in Europa ist nur achtzig Kilometer lang und kaum 60 Kilometer breit? Mit dieser Frage leitete der Herr Chefredakteur, 30 Jahre danach stets aufs Studiennebenfach Geografie verweisend, die Themenbesprechung ein.Vorschläge wie Andorra, San Marino, Liechtenstein ernteten stummes Kopfschütteln: “Das Großherzogtum Luxemburg, muss man als Reiseexpertin aber wissen.”
Und noch vor meiner Frage nach geeigneten Motorradstrecken bekam ich die neueste ADAC-Motorradtourenkarte und die Antwort: “Zusammen mit der Eifel ist Luxemburg das grüne Herz Europas, das ein wirkliches Vergnügen zwischen Natur und Kultur garantiert.”
Daran musste ich denken, als ich durch die Täler der Sauer, des Grenzflusses Our und durchs Müllerthal mit seinen wildromantischen Felsriegeln kurvte. Kein Wunder, dass dieser Part auch die Kleine Luxemburger Schweiz genannt wird. Zwischen Echternach, das durch Basilika, Abteimuseum und die Springprozession, bei der die Pilger einst drei Schritte vor und zwei zurück hüpften, bekannt ist und dem Stausee bei Esch-sur-Sure ist die Sauer beliebtes Ziel für Ausflügler und Freizeitsportler aller Art. Aber auch die Strecken im waldreichen Norden von Luxemburg mit weiten Hochflächen und tiefen Tälern bieten Kurvenspass, den nur besondere Aus- und Einblicke unterbrechen. Beispielsweise in Vianden, dessen riesige Burg über dem Tal der Our schon von weitem glänzt. Der Blick von oben und der Rundgang durch die restaurierten Gemäuer beeindrucken ebenfalls.
Oder in Wiltz, wo das Museum der Ardennenschlacht an die blutigen Kämpfe von 1944 und die Befreiung durch die Amerikaner erinnert. Clerveaux lockt mit seinem Burgkomplex und der darin befindlichen Fotoausstellung “The Family of Man”. Die hatte der in Luxemburg geborene Amerikaner Edward Steichen 1947 als Direktor fürs New Yorker Museum of Modern Art zusammengestellt. Unerwartete barocke Pracht zeigt dagegen der Hauptaltar der Dorfkirche in Troisvierges.
Neben Augenschmaus auch leibliche Genüsse sind vor allem im Süden von Luxemburg geboten. Die Weinstraße und das seit Römertagen als Rebland bekannte Moseltal mit sehenswerten Orten werben mit Vesper- und “Pröbel”-Stuben. Wer Luxemburger Wein von Elbling bis Rivaner sowie die guten Sekte besser kennen lernen will, dem kann vor allem Grevenmacher, Remich und Wormeldange empfohlen werden. Ein Spaziergang auf dem dortigen Weinbaulehrpfad machte mein Wissen komplett – der Blick auf Moseltal ist zudem einmalig.
Auf dem Weg in die Hauptstadt wird übrigens Frisange passiert. Dort zelebriert Lea Linster, die berühmteste Kollegin der gut ein Dutzend Luxemburger Sterneköche, allerhöchste Kochkunst. Das Nationalgericht “Judd mat Garadebounen” (zu deutsch: geräucherter Schweinehals mit dicken Bohnen), “Träipen” (gebratene Blutwurst mit Kartoffelpüree und Rettich) oder “Kachkeis” (Kochkäse), der mit Butter und Eigelb eingeschmolzen wird und cremig verrührt mit Senf garniert aufs Brot kommt, stehen dort in Urform garantiert nicht auf der Karte.
In Luxemburg, der Stadt mit ihren hochaufragenden Sandsteinfelsen nebst riesigen Festungsresten, tief eingeschnittenen Tälern und vielen Brücken, dominieren italienische und portugiesische Restaurants im wirklich internationalen Reigen. Kein Wunder, kamen doch viele Menschen aus diesen Ländern einst als Bergarbeiter und Stahlkocher ins luxemburgische Erzgebiet an der Grenze zu Frankreich.
Heute bringen an Stelle der siechen Montanindustrie allerdings Banken und Behörden der europäischen Union Umsätze und Gewinne und machen Luxemburg zum statistisch gesehen reichsten Land Europas. Mit der RTL-Muttergesellschaft und den Betreibern der Astra-Satelliten, die 40 Länder versorgen, ist Luxemburg längst auch als Drehscheibe TV- und Medienmittelpunkt Europas.
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